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Gefahr durch Schwarze Löcher?
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In den Monaten vor dem geplanten Start des LHC im September
2008, wurden in einigen Medien Stimmen laut, die mit dem LHC
gravierende Befürchtungen verknüpfen. So wird von manchen
prognostiziert, dass während dem Betrieb des LHC, kleine
Schwarze Löcher entstehen würden, die in Folge wachsen
und schliesslich den gesamten Planeten Erde vernichten könnten.
Solcherlei Diskussionen über mögliche
Katastrophenszenarios durch Teilchenbeschleuniger, gab es schon vor
einigen Jahren, vor dem Start des Relativistic Heavy Ion Collider (RHIC) in New York. Allerdings in eher
kleinem Rahmen, welcher von den Medien damals kaum wahrgenommen
wurde. Ein vom Brookhaven National Laboratory beauftragtes Komitee
untersuchte damals die Befürchtungen und kam zu dem Schluss,
dass sie wissenschaftlich nicht haltbar seien. Der
RHIC-Beschleuniger wurde daraufhin im Jahr 2000 in Betrieb genommen.
Die Diskussion zu Katastrophenszenarien in Bezug zum LHC,
insbesondere der angeblichen Gefahr durch Schwarze Löcher,
wurde von einigen Medien
dagegen geradezu ausgeschlachtet. Das mediale Interesse liegt dabei
aber wohl weniger bei der seriösen Vermittlung physikalischer
Zusammenhänge, als vielmehr an den guten Verkaufszahlen von
Weltuntergangsszenarien.
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Möglichkeiten zur Erzeugung von MBHs
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Die Möglichkeit, dass bei den Teilchenkollisionen am
LHC mikroskopische Schwarze Löcher, sog. MBHs (micro black
holes) entstehen könnten, ist unwahrscheinlich, aber nicht
völlig ausgeschlossen.
Dass grosse Schwarze Löcher im Weltall existieren, ist zwar
heute relativ gut belegt, aber dennoch können sie nicht direkt
nachgewiesen werden. Da dieses Phänomen so gut wie keine Strahlung
ausssendet, sind grosse Schwarze Löcher nur indirekt durch ihre
gravitative Wirkung auf die, in unmittelbarer Nähe zum
Schwarzen Loch gelegenen, beobachtbaren Objekte (z.B. Sterne)
nachweisbar. So werden Schwarze Löcher in der Astronomie
dadurch identifiziert, dass ein Stern in engem Abstand um ein
offenbar sehr schweres Zentrum rotiert, ohne dass dieses Zentrum
selbst sichtbar wäre.
Falls Schwarze Löcher im Weltall existieren, bedeutet das aber
nicht zwingend, dass auch kleinere Schwarze Löcher erzeugbar
sind. Denkbar ist im Prinzip, dass zwei im Beschleuniger aufeinander
geschossene Teilchen, aufgrund der hohen Energie, ihre gegenseitige
Abstossung überwinden und sich so nahe kommen, dass
schliesslich ihre gravitative Anziehung überwiegt und ein
mikroskopisches schwarzes Loch entsteht. Die physikalische
Standardtheorie sagt jedoch voraus, dass dies erst ab einer
Mindestenergie, der sog. Planck-Energie möglich ist. In der
konventionellen Theorie liegt diese Mindestenergie bei 1016 TeV. Also rund 1 Billiarde mal
höher als der Energiebereich in den der LHC vorstossen kann.
Es könnte aber auch sein, dass diese Energieuntergrenze kleiner
ist, als aus der Standardtheorie hervorgeht. Einige Varianten von
Stringtheorien sagen, durch die Annahme höher dimensionaler
Räume, eine deutlich niedrigere Grenze für die
Planck-Energie voraus. Die Vorhersage dieser Grenze läge
bereits bei einigen Tera-Elektronenvolt. Sollte dies zutreffen, so
könnten am LHC im Sekundentakt MBHs produziert werden.
Andere Physiker hingegen, kritisieren die Stringtheorie dafür,
dass sie ein reines formal-mathematisches Gedankengebäude sei,
das nicht falsifizierbar sei, bzw. keine experimentell
überprüfbaren Vorhersagen mache. Wenn die Theorie
höherer Dimensionen des Raumes falsch wäre, dann wäre
in der Folge auch die Produktion Schwarzer Löcher im LHC mit
grosser Sicherheit auszuschliessen.
Eine künstliche Erzeugung von MBHs mit Beschleunigern
hätte wissenschaftlich gesehen den grossen Vorteil, dass damit
einerseits Schwarze Löcher definitiv als existent nachgewiesen
und ihre Eigenschaften erstmals im Labor untersucht werden
könnten. Damit wäre auch die allgemeine
Relativitätstheorie ein weiteres Mal experimentell
bestätigt. Andererseits könnte gleichzeitig auch die
Existenz höherer Raumdimensionen nachgewiesen und so die
Stringtheorie vom Vorwurf der Nichtfalsifizierbarkeit befreit
werden. Aus diesen Gründen ist es tatsächlich der Wunsch
und die Hoffnung vieler Physiker, durch den LHC kleine Schwarze
Löcher künstlich erzeugen zu können.
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Schwarzschild-Radius
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Ein weiteres Argument gegen die Gefahr von MBHs geht aus
der Formel für den Schwarzschild-Radius eines Schwarzen Lochs
hervor. Dieser Radius gibt die minimale Grösse an, auf die eine
Masse komprimiert werden muss, um anschliessend zu einem Schwarzen
Loch kollabieren zu können. Für ein bereits existierendes
Schwarzes Loch beschreibt der Schwarzschild-Radius gleichzeitig den
Ereignis-Horizont. Dies stellt die Grenze dar, bei deren
Überschreitung kein Körper und kein Lichtstrahl einem
Schwarzen Loch mehr entrinnen kann.
Der Schwarzschild-Radius für ein Schwarzes Loch von der Masse
der Erde liegt bei ca. 9 Millimetern. Erst wenn die gesamte Masse
der Erde künstlich auf diese Grösse zusammengestaucht
würde, könnte sie zu einem Schwarzen Loch werden. Dieses
würde dann nur solche Objekte stark anziehen, die ihr sehr nahe
kommen. Für weiter entfernte Objekte würde sich praktisch
kein Unterschied zum bisherigen Schwerefeld der Erde ergeben.
Künstliche Satelliten ebenso wie der Mond würden weiterhin
auf ihren bekannten Bahnen um den ursprünglichen Erdmittelpunkt
kreisen.
Gemäss der Schwarzschild-Formel ist die Grösse des
Schwarzschild-Radius proportional zur Masse des Schwarzen Lochs. Das
bedeutet, je grösser die Masse des schwarzen Lochs, desto
ausgedehnter ist der Ereignishorizont. Die genaue Rechnung ergibt
für eine Masse, die der Teilchenenergie des LHC von 14
Tera-Elektronenvolt entspricht, einen Radius von 3,7 * 10-50 Meter. Diese unmessbar kleine
Grösse ist viele Millionen Mal kleiner als beispielsweise der
Abstand zweier benachbarter Atomkerne in normaler Materie. Das so
gebildete Schwarze Loch wäre damit nicht in der
Lage, weitere Materie zu schlucken, weil es zu leicht wäre.
Nichts könnte ihm auf natürlichem Wege nahe genug kommen,
um in den Bereich seiner starken Anziehung zu gelangen.
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Grafische Darstellung einer Schwarzschildlösung |
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Hawking-Strahlung
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Der britische Physiker Stephen Hawking erarbeitete 1974 die
Theorie, dass ein Schwarzes Loch in das keine weitere Materie
hineingelangt, nicht stabil bleibt, sondern verdampft. Einige
Details dieses Prozesses der sog. Hawking-Strahlung, sind noch
Gegenstand aktueller Forschung, was auch daran
liegt, dass die allgemeine Relativitätstheorie und die
Quantentheorie, die in diesem Fall beide eine Rolle spielen, bisher
teilweise unvereinbar sind.
Experimentell nachgewiesen ist die Hawking-Strahlung bis heute
nicht. Akzeptiert man diese Theorie dennoch als gültig, so besagt ihre
Formel, dass die Rest-Lebensdauer eines schrumpfenden Schwarzen
Lochs, das keine neue Materie mehr aufsaugen kann, proportional zur
dritten Potenz seiner verbleibenden Masse ist. Grosse Schwarze
Löcher schrumpfen demnach nur sehr langsam und strahlen sehr
wenig Energie ab. Dies wäre ein möglicher Grund weshalb
die Hawking-Strahlung im Weltraum schwer nachweisbar ist.
Ist ein Schwarzes Loch jedoch bereits relativ klein, so schrumpft es
immer schneller weiter zusammen und löst sich schliesslich in
einer Art Feuerwerk von Hawking-Strahlung vollständig auf.
Die quantitative Rechnung für den Fall eines Schwarzen Lochs,
wie es beim LHC eventuell entstehen könnte, ergibt eine
erwartete Lebensdauer in der Grössenordnung von 10-85 Sekunden. Diese Zeitspanne ist
erheblich kürzer als eine einzelne Schwingungsperiode einer
Atomuhr; sie könnte mit keinem existierenden Messgerät
jemals gemessen werden. Ein vermeintlich von dem Schwarzen Loch
angezogenes äusseres Objekt könnte sich in dieser Zeit
nicht einmal um einen Atomdurchmesser darauf zubewegen, bevor das
Schwarze Loch schon wieder verschwunden wäre.
Einige Wissenschaftler bezweilfeln die Existenz von
Hawking-Strahlung. Der populärste von ihnen, ist der
Tübinger Biochemiker Otto E. Rössler. Die theoretische
Herleitung durch Hawking enthält nach Rösslers Darstellung
einen Fehler. Dieser könne allein durch Verwendung der
ursprünglichen Gleichungen der Einsteinschen allgemeinen
Relativitätstheorie korrigiert werden. Seiner Meinung nach,
würden die am LHC erzeugten Schwarzen Löcher nicht
zerfallen, sondern zunächst langsam, dann immer schneller
wachsen und nach wenigen Jahren zur Zerstörung der Erde
führen.
Diese Kritik wurde daraufhin vom deutschen
Komitee für Elementarteilchenphysik (KET) geprüft. In
einer fachlichen Stellungsnahme
führt H. Nicolai, Direktor am Max-Planck-Institut für
Gravitationsphysik in Potsdam, die Rösslersche Argumentation
auf "elementare Missverständnisse" der allgemeinen
Relativitätstheorie zurück.
Darüber hinaus weist das KET darauf hin, dass Rösslers
Theorie inkonsistent sei: Falls der Zerfall Schwarzer Löcher
aus den von Rössler angeführten Gründen
unmöglich wäre, dann könnten sie aus den gleichen
Gründen am LHC auch gar nicht erst erzeugt werden.
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Kosmische Strahlung
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Das beste Argument gegen eine mögliche Gefahr von MBHs
stellt die kosmische Strahlung dar. Diese Strahlung, die unseren
Planeten von der Sonne und anderen kosmischen Objekten erreicht,
besteht aus Teilchen mit einer millionenfach höheren
Energie, als die im LHC erreichbare Energiegrenze. Und da die Erde
auch nach 4.5 Millarden Jahre Dauerbeschuss dieser Teilchen immer noch existiert, kann davon ausgegangen werden, dass
MBHs, sofern sie existieren und im LHC produziert werden
könnten, keine Gefahr für unsere Welt darstellen.
Eine diesbezügliche Kritik weist darauf hin, dass die Teilchen
der kosmischen Strahlung nicht gegen Teilchen gleicher
Geschwindigkeit stossen, wie es bei einem Teilchenbeschleuniger der
Fall ist. Die MBHs der kosmischen
Strahlung hätten dagegen einen Restimpuls, mit dem die kleinen Schwarzen
Löcher die Erde in einer kurzen Zeit durchqueren würden
und schliesslich ins Weltall entschwinden würden. Bei einer
Beschleunigerkollision wäre dieser Impuls dagegen gleich Null
und die MBHs würden sich schliesslich im Erdmittelpunkt
sammeln und könnten dort mit der Zeit an Masse zunehmen.
Gegen dieses Argument spricht jedoch die Existenz von
Neutronensternen. Deren Masse weist eine derart hohe Dichte auf,
dass ein aus der kosmischen Strahlung produziertes MBH, von der
enormen Gravitationkraft des Neutronensterns eingefangen und in ihm
innert kürzester Zeit, zu einem grossen Schwarzen Loch werden
und den Neutronenstern vernichten würde. Aus astronomischen
Beobachtungen sind aber längst Neutronensterne bekannt, die ein
Alter von über 100 Millionen Jahren aufweisen. Eine ausführliche Studie zu diesem Thema findet sich hier.
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Weitere theoretische
Gefahren?
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Neben der Hypothese der schwarzen Löcher, wurden
Befürchtungen weiterer möglicher Gefahren durch den LHC
laut. So existieren Theorien welche die Entstehung, magnetischer
Monopole, Strangelets und Vakuumblasen vorhersagen, aus welchen
ebenfalls die Vernichtung der Erde hervorgeht. Diese Theorien sind
allerdings noch weit exotischer. |
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